Drei Damen und ein Herr oder wie unsere Folkeboote zu uns kamen. Teil 2

Drei Jahre unterwegs mit Jacaranda

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Irgendwo an einem dänischen Steg, ich sitze im Cockpit meiner Jacaranda und denke…… vor mich hin.

 

Unbekannter Segler: „Moin“

Ich: „ Moin“

Er: „Viel Arbeit so’n Holzboot, oder!?“

Ich: „ schon.“

Er: „ …. Macht aber auch Spaß, oder?“

Ich: „ schon, aber……“

Er: „ wie aber,…  wieso hast Du dann so’n Ding?“

Ich: „ ich hab‘ vier davon!!!!!“

Er: „ ach?????“

 

Er geht weiter, ich glaube noch ein Kopfschütteln erkennen zu können.

 

Dabei hat er den Nagel auf den Kopf getroffen, es ist sogar wahnsinnig viel Arbeit so ein Holzboot, aber Spaß macht es eben auch. Vor allem, wenn man so einen maritimen Schatz sein eigen nennen kann, wie wir.

Jacaranda hat dieses Jahr ihr 7. Lebensjahrzehnt vollgemacht, da verzeiht man gerne das ein oder andere kleine „Zipperlein“.

Jacarandas Planken sind nicht so schön geschäftet, wie bei unserer Mumi, sie stoßen einfach stumpf gegeneinander mit innen einer Lasche über dem Stoß, nicht so elegant, aber einfacher zu fertigen.

Als sie dann eine Saison lang etwas mehr Wasser machte, haben wir im nächsten Winter 10 dieser Laschen erneuert

Klar gibt es ein paar dunklere Stellen im Holz, aber nach über 70 Jahren, ich bitte Euch…….!

Sie ist nicht perfekt restauriert, man muss sich nicht fragen, ob man die Socken doch besser über statt unter die Bootsschuhe anzieht bevor man sie betritt.

Aber sie hat Charme und sie segelt …..und das seit nunmehr 7 Jahrzehnten ohne nennenswerte Unterbrechung. Welches Schiff kann das schon von sich behaupten?

1946 in der dänischen Aarhuswerft auf Kiel gelegt, war sie das dritte in Dänemark gebaute Folkeboot. Da Nummer 1 in San Francisco verloren ging und Nummer 2 10cm zu lang geraten war, ist Jacaranda mit der mittlerweile deutschen Segelnummer “G 3“ das älteste noch existente dänische Folkeboot. So etwas muss natürlich am Leben gehalten werden und gehört selbstverständlich ins Wasser und nicht in ein Museum, wie ich finde. Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter und stellen Jacaranda allen qualifizierten Seglern zum Segeln zur Verfügung.

So segelt sie Saison für Saison knapp 20 Wochen mit stoischer Gelassenheit von der Schlei in die Dänische Inselwelt und zurück. Welches moderne Schiff kann das von sich behaupten?

Als wir sie vor ein paar Jahren das erste Mal in Lemwerder sahen, war sie in einem etwas traurigen Zustand.

Sie schwamm, hatte aber ordentlich Federn gelassen. Der Mast lag auf dem Schiff und der Lack verabschiedete sich an nahezu allen exponierten Stellen vom Holz.

Hier hat es Vorbesitzer mit der Mastpflege nicht sooo ernst genommen.
Jacaranda Mast, so haben wir ihn bekommen.
wenn's als Spiegel zu gebrauchen ist, kann man aufhören.
…. und so sah er aus nachdem wir ihn refitted haben.

Kennt Ihr diesen Geruch und das Gefühl, was einen beschleicht, wenn man in eine dieser alten Köhlerhütten eintritt? So war es bei Jacaranda auch. Die Planken im Inneren waren mit einer schwarzen nach Ettan riechenden, klebrigen Kruste überzogen. Bei genauerem Hinsehen konnte man den ein oder anderen Lichtstrahl entdecken, der seinen Weg von außen durch die Planken fand. In der Bilge lagen zwei nicht besonderes Vertrauen erweckende Bilgepumpen, von denen nur noch eine eine verrostete Verbindung zur völlig entladenen Batterie hatte.

Der Eigner versicherte uns, dass die Substanz, nicht zuletzt wegen eines vor wenigen Jahren umfangreichen Refits, grundsolide sei.

Sollten wir uns dieses Projekt ans Bein binden?

Wieder zu Hause angekommen, waren wir uns ziemlich bald einig, dass dieses Schiff wieder in fürsorgliche Hände gehört, in unsere!

So ist Jacaranda im September 2013 bei uns eingezogen, sozusagen als Mitbewohnerin in ein Zelt unmittelbar vor unserer Haustür. Kurze Wege vereinfachen so Manches.

Da uns auch Mumi und Maj einiges an Arbeit abverlangten, stand der Winter 2013/14 wieder unter dem Motto, Schleifen, Lackieren, Reparieren.

Wir zogen das Unterwasserschiff und den Mast komplett ab, ebenso befreiten wir das Innere von seinem Köhlerhüttenimage. Das Stevenknie wurde partiell erneuert, Kajütaufbau und diverse Planken ausgeleistet, neue Fenster nebst Rahmen eingebaut und das Ruder repariert. Alles neu lackiert!

Es gab Tage kurz vor Saisonanfang an denen ich morgens um 8:00 Uhr im Zelt verschwand, um nach wenigen kurzen Unterbrechungen nachts um 2:30 Uhr für eine kurze Schlafpause wieder rauszukommen.

Natürlich sind wir nicht fertig geworden, wird man mit einem Holzschiff eigentlich jemals fertig?

Eine Woche vor unserem Krantermin haben wir sicherheitshalber angefangen das Schiff zu wässern. Und was soll ich sagen, wir waren geschockt. Relativ radikal wurden mehr oder minder rund um die Uhr mit dem Gartenschlauch die Planken von innen nass gehalten. Aber alles, was wir reinspritzten, kam ohne nennenswerte Zeitverzögerung außen wieder raus.

Das kennen wir von drei anderen so nicht.

Klar, dass wir mit zwei Tauchpumpen und sehr gemischten Gefühlen am Kran der Modersitzkiwerft standen. Aber Jacaranda hat uns nicht enttäuscht, sie war so trocken, dass die eingebaute kleine 12 Volt Bilgepumpe ohne Probleme mit dem Wassereinbruch fertig wurde.

Nach knapp 9 Monaten schwamm unsere alte Dame also wieder und war schon am nächsten Tag zum ersten Probeschlag bereit.

Eine knappe Woche Zeit für Feintuning gab es noch, dann hat sie das gemacht, wofür wir sie vor allem vorgesehen haben.

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Jacaranda bestreitet das Teamrace Schottland / Deutschland (fky) und zeigt sich als absolut konkurrenzfähig.

Stolz das älteste dänische Folkeboot zu sein, hat sie gleich die komplette Classic Week bestritten. Jacaranda kämpft nicht mehr mit Ellenbogen, dafür ist sie schon zu lange unterwegs, aber dabei sein ist alles. Und sie hat wirklich eine gute Figur gemacht, sogar ein paar jüngere hat sie hinter sich gelassen.

Nach der Regatta musste sie eigentlich wieder von Kiel nach Maasholm zurück. Das Wetter war erbärmlich! Der Wind pfiff mit 6 Bft in einigen Böen mit 8 Bft. Auf der Kieler Woche wurden zahlreiche Regatten abgesagt und die, die dennoch stattfanden, waren mit zahlreichen Mastbrüchen gesegnet.

Wir sind trotzdem los, immer gegen an, typisch! Querab von Eckernförde nach stundenlangen Kampf hat sie uns dann mit eingerissenem Groß zu verstehen gegeben, dass sie für solche Eskapaden nicht mehr zu haben ist. „Entschuldigung Jacaranda!“

Beim Ablaufen nach Laboe wollte sie sich auch nicht mehr an ihre rechnerische Rumpfgeschwindigkeit halten und ist mit teilweise 9 Knoten in den sicheren Hafen gestürmt.

Es folgten Wochen der Entspannung bei einem wahren Jahrhundertsommer mit netten Skippern und jungen Familien in ihrem ehemaligen Heimatland Dänemark.

Durch ihr auffälliges Segelzeichen F G 3 sorgt sie überall für schnelle Kontaktaufnahme zu interessierten Seglern.

Lustige Begebenheiten, wie die mit Herrn Kaeding, dessen Eltern in den 60er Jahren die Jacaranda-Eigner waren, säumen ihren Weg. Herr Kaeding erkennt, die mittlerweile nicht mehr grüne Jacaranda irgendwo östlich von Schleimünde und steuert sein Schiff längsseits. Er bittet den Jacaranda-Skipper mal kurz unter Deck zu gehen und zu schauen, was auf dem Kopfbrett des vorderen Kajütaufbaus steht. Nun ist er sicher das Schiff neben sich zu haben, in dem er vor gut 45 Jahren mit seinen Eltern auf der Ostsee gesegelt ist.

Oder warum heißt sie denn eigentlich Jacaranda?

Herr Heinze einer der Vorbesitzer, die Jacaranda wirklich lange hatten berichtet:

„… Meine erste 2-Mann Jolle, ein 445 aus Frankreich war mit einem türkisblauen Oberdeck versehen. Da ich 2,5 Jahre in Südafrika verbracht hatte, habe ich mich sofort an den Jacaranda-Baum erinnert. Und so wurde meine erste „Jacaranda“ getauft.

Das erste Folke Junior hatte ebenfalls auf „Jacaranda“ gehört.

Und dann kam das Folkeboot FD 3. Musste natürlich auch „Jacaranda“ heißen.

Vor der ersten Wasserung, nach Totalrenovierung habe ich dann Antifoulingreste vermengt, um auf das notwendige Volumen zu kommen. Gleiche Qualität, nur eben andere Farbtöne. Hauptsächlich weiß, etwas Rest grün vom Folkeboot meines Vaters und etwas blau meines Liegeplatznachbarn in Travemünde.

Was kam raus? „Jacarandatürkis“, sehr seltsame Farbe wie ein Beobachter damals  – ganz richtig – feststellte.

Nach dem Grund dazu gefragt wollte ich ja nicht angeben „mir ist am Ende der Renovierung als Student das Geld für 2 L Farbe ausgegangen.“ Also, um Ausreden nie verlegen habe ich dem netten Beobachter mitgeteilt, man könne so am besten die Wale beobachten. Die seien eben auch sehr hell an der Unterseite und fühlten sich so unter ihres gleichen unter meinem Schiff. Er zollte mir seinen absoluten Respekt so dicht an Wale heranfahren zu wollen und verschwand mit ´ner Menge, für ihn wohl glaubhaftem Seemannsgarn…“

 

Wir sind begeistert, dass unser Schiff wieder dort ist, wo es hingehört und wofür es vor fast 70 Jahren gebaut wurde, auf der Ostsee!

Der Regattasport in der Westlichen Ostsee begann am 6. Sept.1855 auf der Flensburger Förde mit der „Flensburger Regatta“, dem Wettsegeln für „Lustböte“ und Berufsschiffe.

In Erinnerung an diese historische „Flensburger Regatta“ fand in 2012, 2013 und 2014 die „Kongelig Classic 1855“ statt.

Natürlich musste Jacaranda auch hier dabei sein. Früh am Donnerstagmorgen machten wir uns leider ohne rechten Wind von Maasholm auf nach Flensburg.

Ich sag es gleich, wir haben wieder nicht gewonnen. Aber……. wir hatten wieder Spaß!

Es ist vollkommen ausreichend in einem Feld von ca. 80 liebevoll gepflegten Oldtimern, teilweise weit über 100 Jahre alt, mitsegeln zu dürfen. Man fühlt sich in eine andere Zeit versetzt. Das Ergebnis ist sekundär! Selbst nach den einzelnen Regatten sorgte das Rahmenprogramm und das gemeinsame Essen auf dem Dampfschiff Alexandra für ein Flair längst vergangener Tage. Prädikat: sehr empfehlenswert!

Zwischenzeitlich war Jacaranda auf der Hanseboot ausgestellt und der Freundeskreis klassische Yachten, fky, hat uns den Preis „segeln, lieben, bewahren“ verliehen.

 

Jacaranda Historie

 

Bilder zum Refit gibt es hier

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Drei Damen und ein Herr oder wie unsere Folkeboote zu uns kamen. Teil 1

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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